Der Weg ist das Ziel

21/01/2019 – Mitternacht über den Wolken
Ich bin noch nicht angekommen und doch schon ein bisschen in Bolivien. Un poco.
Seit dem Einchecken in Düsseldorf höre und spreche ich überwiegend Spanisch.
Karen, eine Medizinstudentin aus Bolivien, stand in der Reihe hinter mir und fliegt auch nach Santa Cruz. Wir haben die Wartezeit in Deutschland und in Madrid gemeinsam verbracht.
Jetzt sitzen wir beim Flug nach Bolivien nebeneinander, da noch ein paar Plätze frei waren und wir uns umgesetzt haben. Karen hat am Goethe-Institut einen Deutschkurs gemacht und so kann ich fehlende spanische Worte auch auf Deutsch erfragen. 
Eis/hielo, Holz/madera, rechts/ derecho, celular/Handy, müde/cansado
Heute Vormittag bin ich fast vier Stunden am Rhein entlang gewandert, um mir vor dem Sitzmarathon im Flieger (12 Stunden) noch genug Bewegung zu verschaffen. Unterwegs habe ich mehrfach das Zählen auf Spanisch geübt. Der Stewardess konnte ich dann Sitz 35 H auf Spanisch ansagen. Das h wird ja im Wort nicht mitgesprochen, heißt aber als Buchstabe hago, was man ungefähr adscho spricht. Mit viel Mühe hab ich es hervorgestammelt und die Dame hat sich mega gefreut. Beim Servieren bot sie mir dann ein extra Brötchen an, beim Kaffee war sie völlig durcheinander und wollte wissen, ob ich diesen (con limon) mit Zitrone möchte. Ich wollte aber con leche, also mit Milch. Es ist überhaupt sehr fröhlich im Flugzeug. Eine große Gruppe Schüler reist mit. Die Aufregung bei der Platzsuche war gigantisch und ich frage mich, ob nicht auch Schüler meiner zukünftigen Schule darunter sind? Ganz flüchtig habe ich bei ihnen einen deutschen Satz gehört…
Am besten klappt die Unterhaltung mit Karen zum Thema Essen. Das sind wahrscheinlich in jeder Sprache die Sätze, die man zuerst draufhat.
Auch ein paar Reisempfehlungen für Bolivien habe ich von ihr erhalten.
Jetzt bin ich wirklich müde, die ganz große Aufregung hat sich gelegt, da ich mich zum Sprechen, Hören und Schreiben (Zollerklärung auf Spanisch) so anstrengen muss, dass in meinem Hirn gar kein Speicher für Zweifel und Bedenken mehr frei ist. 
Update 21/01/2019/ 12 Stunden später in Santa Cruz de la Sierra auf meinem Bett
Nach einer Stunde anstehen für die „Immigration“ hab ich mich von Karen verabschiedet, den Taximann mit meinem Namensschild entdeckt und mich eine halbe Stunde durch wilden Verkehr zu meiner Unterkunft bringen lassen. Alles unbekannt bis auf eine Erinnerung: dieser Geruch! Genau so roch es in Venezuela, lieblich süß, feucht, frisch und ein wenig nach Holzfeuer. Es ist sehr warm, die Taxifenster sind offen und ein kräftiger Wind biegt die Palmen. Der Portier erklärt mir etwas, was ich erst zwei Stunden später begreife, weil ich sein Spanisch nicht verstehe, außer das Wort schlafen. Die einzige Deutsche, die ich hier treffen könnte, nämlich die Hotelbetreiberin, ist noch nicht da. Inzwischen hab ich sie kurz getroffen, war einmal zu Fuß im Zentrum und hab zweimal kläglich versagt (am Geldautomaten). Das muss ich heute Abend nochmal versuchen. Aber das Internet funktioniert. Hinterm Haus sind ein kleiner Pool und eine Kokospalme neben einem Parkplatz. Ich war kurz baden. Im Kühlschrank sind Wasser, Cola und Bier. Es gibt Fernseher und Klimaanlage. Draußen sitzen Bettler und alte Mütterchen an der Straße. Das Überqueren der Straßen erfordert gewissen Mut. Der Verkehr scheint chaotisch. Dazwischen wandeln ungerührt gutgekleidete Jugendliche, die in ihre teuren Handys tippen. Schuhputzer arbeiten rings um den zentralen Platz an der Kathedrale. 

Ich fühle mich gerade ganz seltsam fremd. So ergeht es einem wohl, wenn man die Sprache nicht versteht und noch niemanden kennt. 

1 Gedanke zu „Der Weg ist das Ziel

  1. Fühle dich nicht fremd und einsam.Schnell wirst du lustige Menschen kennen lernen und viele Abenteurer erleben. Wir, hier zu Hause, denken oft an dich. Genieße die Zeit in der Ferne. Herzlichst Yvo

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