Schulzeit

 Sechs Schildkröten leben im Schulgelände.

Schuleinführung, unter der Bibliothek

Besuch auf dem Schulhof

Kunstraum

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Heute behandeln wir also das Thema Schule. Speziell Deutsche Schule in Santa Cruz, Colegio Alemán. Hier auf der Website erfährt man das Offizielle. Man kann sie auf deutsch einstellen.
http://ds-santacruz.bo/
Wenn man mittendrin ist, ändert sich natürlich Blickwinkel und Eindrücke.
In der Vorbereitungswoche sah ich eine leere Schule mit grünen Innenhöfen und Schildkröten darin. Ich saß in klimatisierten Räumen, es gab Kaffee, Tee, Joghurt, Kuchen und ein paar Werbegeschenke, wie Beutel, Blöcke und Kuli mit dem Schullogo. Man erklärte die Ziele der Schule, erfuhr, welche Arbeits- und Evaluationsgruppen es gibt und beäugte natürlich die „Neuen“. Alles wurde deutsch und Spanisch erklärt. Und es war wahnsinnig viel Neues!
Da sowohl die Grundschulchefin, als auch die Verwaltungsleiterin seit meiner Bewerbung gewechselt hatten, landete ich irgendwie zwischen den Stühlen. Ich war keine Praktikantin, aber auch keine neue Lehrerin. Die neuen Verantwortlichen wussten nicht, wie mit mir zu verfahren sei und es dauerte fast zwei Wochen, bis ich endlich ein Schließfach, den Bibliothekscode und  den Zugang zum Internet bekam. Schließlich konnte ich endlich meinen Pass abgeben, damit der zur Visaverlängerung nach La Paz geschickt werden kann. Der Stundenplan enthielt sechs Stunden Deutsch Klasse 3. Den Rest durfte ich mir selbst zusammenstellen, was ich sehr großzügig fand. Es gab auch genug Lehrer, die mich gern als Teampartner haben wollten. Hier wird meist zu zweit unterrichtet. Warum, wurde mir schnell klar. Für die bolivianischen Kinder ist Deutsch auch hier eine Fremdsprache und es fällt Ihnen sehr schwer, dem Fachunterricht in dieser zu folgen. Die meisten sprechen zu Hause gar kein Deutsch. Die Schule kostet im Monat fast 500 Dollar und es ist ein Statussymbol, sein Kind hierher zu schicken. Es gibt Mütter, die Heidi Klum Konkurrenz machen, Kinder mit Gucci-Täschen am Arm, oder Zweitklässler, die in ihre Smartwatch sprechen, um sich etwas zur Schule bringen zu lassen, was sie zu Hause vergessen haben. Es gibt Kinder mit Förderbedarf, der aber nicht getestet
wird, weil man ja viel Geld bezahlt. So sind die Unterschiede innerhalb der Klassen teilweise extrem. Manche schauen mich reglos an und schalten ab, während ich Deutsch spreche, mit den Händen zeige, dass wir das Buch aufschlagen und dann noch ein Bild dazu an die Tafel male. Und dann machen sie – NICHTS. Ich gehe an ihren Platz, tippe sie an, wiederhole und sie machen – NICHTS.
So sind natürlich nicht alle, aber insgesamt ist das Arbeitstempo extrem niedrig. Die Planung einer Stunde reicht für eine Woche. Mindestens. In Kunst läuft es da schon besser. Doch eine erste Klasse auf Deutsch zu unterrichten, der ich ja noch nichtmal ein deutsches Wort anschreiben kann, ist schier Unsinn. Das ist als Immersion (=im Fachunterricht deutsch sprechen) gut gedacht, funktioniert jedoch nicht.
Nun einige wichtige Dinge zu den Lehrkräften. Wir sind nahezu hundert. Man meint, es kämen viele deutsche und nur die besten her. Weit gefehlt. Die Schule ist ein Wirtschaftsunternehmen und muss rechnen. Deshalb gibt es hochbezahlte Auslandsdienstkräfte, mittel bezahlte Bundeslehrkräfte, geringer bezahlte Ortslehrkräfte und Hilfskräfte. Die sprechen Deutsch, Schwäbisch, Bayrisch,
Schweizerdeutsch, Spanisch, Englisch. Auf sehr unterschiedlichem Niveau. Viele bolivianische Lehrkräfte, die deutsch sprechen, haben keine pädagogische Ausbildung und nur Zusatzlehrgänge
gemacht. Entsprechend unstrukturiert und chaotisch ist es im Unterricht. Nun versucht man, mit viel Kraft- und Zeitaufwand, gemeinsam zu planen und zu unterrichten. Die gut ausgebildeten sollen ihre Erfahrung weitergeben. Das klappt nur bedingt.
Dazu kommt der wenig förderliche Stundenplan. 7:15 geht es los, bis 13 Uhr. Klingt erstmal nicht so schlimm. Doch es gibt jeweils zwei Stunden zu 45 min ohne Pause, in denen die Lehrer das Zimmer und die Klasse wechseln müssen. Es kann nie pünktlich beginnen, weil ich mich nicht durch das riesige Schulgebäude beamen kann. Nach 90 min sind 15 min Pause, dann das Gleiche nochmal. Wieder 15 min Pause und zum Schluss drei Stunden zu 45 min ohne Pause. Bei 30 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit, mit dem ständigen Geräusch von Ventilatoren an der Zimmerdecke sind die Kinder fertig. Wenn Sport im Plan steht, kommen Sie früh in Sportkleidung, spielen in der Sonne Fußball und gehen dann ohne umkleiden in den Unterricht. Die Turnhalle soll erst neu errichtet werden. Die
alte wurde abgerissen und bei Regen spielen mehrer Klassen unter der Bibliothek Tischtennis oder sonstwas. Einen kleinen Gymnastikraum gibt es noch.
Ich muss mich hier also wirklich umstellen. Die Herausforderung der ersten Kunststunde bestand darin, dem Wind zu trotzen, der ständig alle Papiere von der Tafel und den Tischen fegte. Viele Schüler reden so leise, dass ich sie nur verstehe, wenn ich neben ihnen stehe. Doch ohne Ventilator geht es an Tagen mit 35 Grad nicht. Die Kinder nehmen das gelassen und machen insgesamt auch keinen unglücklichen Eindruck mit diesen Bedingungen. Gemessen an einer staatlichen Schule, in der es zum Beispiel auch Vormittags-und Nachmittagsschicht gibt (wird also doppelt genutzt), sind unsere Kids privilegiert. Es gibt Trinkbrunnen, alles wird ständig geputzt und Tag und Nacht ist die Schule bewacht. Am Kiosk gibt es leckere Dickmacher zu kaufen, daneben wir in der Pause auch mal von einem DJ aufgelegt und getanzt.
Unabhängig von den vielen ungewohnten Bedingungen habe ich eine aufgeschlossene Schulleitung sowie sehr nette und interessante Kollegen, von denen ich eine Menge lerne, fachlich und sprachlich. Mein Spanisch entwickelt sich langsam, aber jeden Tag ist es ein kleiner Schritt. Neue Wörter merke ich mir nur, wenn ich sie aufschreibe oder sofort sprechen muss. Da ich jedoch den Schulweg mit dem Bus schaffe, einkaufen gehen kann und inzwischen auch Geld abheben, mache ich mir keinen Stress, wenn es nicht super schnell voran geht. In den wesentlichen Bereichen kann ich mich verständigen.
Nun genug über die Arbeit, es ist gerade Wochenende!

1 Gedanke zu „Schulzeit

  1. Sorry, das Internet ist gerade gegen mich und will keine weiteren Fotos oder Kommentare in den Post aufnehmen. Das letzte Foto zeigt den Eingang zum Kindergarten, der auch zur Deutschen Schule gehört.

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