Im Farbenrausch: Teil 6 Braun

Sucre – Uyuni – La Paz
Was ist denn das für eine Farbe? Braun klingt ziemlich unattraktiv. Ist auch kaum jemandes Lieblingsfarbe. Meine auch nicht, trotzdem waren die Brauntöne allgegenwärtig. Schokoladenfotos erspare ich euch. Obwohl in Sucre die bekannte Para ti hergestellt wird.

Ich beginne mit Rostbraun. Was in Deutschland eine abgesperrte Müllkippe oder wenigstens ein Recyclinghof wäre, wird hier für Touristen als Selfie – Tummelplatz vermarktet. Die Eisenbahnlinie ist längst stillgelegt und die Loks sind Zeugen des vergangenen Bergbaus. Nach anfänglichem Staunen über Chicas, die für das ultimative Foto in weißen Hosen auf Anhänger klettern, gehen wir auch auf Motivsuche. Es ist in Ordnung, wenn ein armes Land mit Schrott noch ein wenig  Geld verdient, finden wir.

Die Weite der Ebene wurde von den Bergen der Anden und Felsformationen aus Vulkangestein unterbrochen. Sonne und Wolken brachten wunderbare Farbschattierungen zustande. Oft standen wir inmitten dieses Zaubers und selbst ein Panoramafoto hätte die Stimmung nicht wiedergeben können.

Tiere. Lebendige und tote. Ein Chinchilla auf der Flucht vor den Touris, die es mit Keksen angelockt haben. Zwei schlafende Straßenhunde in der Hauptstadt, denen Witzbolde Brötchen vor die Mäuler gelegt hatten. Getrocknete Lama-Föten, welche an den Hexenständen in La Paz angeboten werden. Um böse Geister abzuhalten, werden sie im Fundament neuer Häuser vergraben. Das hat uns ziemlich erschüttert und wir haben tagelang recherchiert, wie die toten Tierbabys „produziert“ werden. Angeblich sind es Totgeborene oder Verstorbene. Wir können nur hoffen, dass keine trächtigen Tiere geschlachtet werden, aber sicher sind wir nicht.

Das letzte Bild, ein Selbstporträt im Spiegel, zeigt unser letztes Hotel in La Paz. In kolonialem Braun gehalten, waren wir die einzigen Gäste und es fühlte sich wie ein Geisterhaus an. Aus dem modernen Hotel nebenan mussten wir ausziehen, weil es voll belegt war und wir nicht verlängern könnten. Unsere abendliche Recherche beschäftigte sich nun mit Geldwäsche. Zwanzig leere Zimmer mal fünfzig Dollar pro Nacht, und das mal 365 Tage im Jahr… Da könnte man schon ein wenig Drogengeld unterbringen, oder? Alles Spekulation.
Aber unsere Erlebnisse treiben uns immer wieder zu den verrücktesten Recherchen.
Derzeit ungeklärt: Wofür sind die Personenwaagen, die neben den Blinden auf dem Friedhof stehen? Die Blinden sprechen für eine kleine Spende Gebete für Verstorbene. Ihr Dienst wird rege genutzt, doch die Waagen haben wir nie in Funktion gesehen. Will man die Seele wiegen?
Fotos davon haben wir absichtlich nicht gemacht. Das versteht ihr sicher.

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