Aller Anfang ist schwer

„Wenn dir das Leben in den Arsch tritt, dann nutze den Schwung, um vorwärts zu kommen.“
Drei krasse Tage liegen hinter mir. Alles war ganz anders, als ich mir das vorgestellt habe.
Die Unterkunft ist wirklich gut. Die Hitze und der Verkehr strengen an. Niemand spricht Englisch. Auch am zehnten Geldautomaten funktioniert keine meiner Karten. Verzweifelt tausche ich meine letzten 40 Euro in Bolivianos (Kurs 1:8). Auch am zweiten Tag kein Erfolg, Anruf bei meiner Bank: neue Kreditkarte herschicken dauert mindestens zwei Wochen. Ob sie ankommt, ist noch nicht mal sicher. Ich fühle mich plötzlich sehr verlassen und allein. Was tun? Zunächst gibts nur Wasser, Tee, Obst und Gemüse. Alles billig. Statt Taxi laufe ich alle Wege (länger als zwei Stunden sind in diesem Stadtchaos aber nicht drin). In der Schule sind noch alle in den Ferien. Keiner, den ich fragen kann.
Ich schreibe eine Liste mit allen Möglichkeiten, zu Geld zu kommen. Und echt, das steht da drin:
weiter nach dem richtigen Geldautomaten suchen, neue Geldkarte anfordern, Konto in Bolivien eröffnen, Geld an irgendeinen Deutschen (der hier lebt) überweisen und von ihm in Bolivianos bekommen, Geld borgen (nur von wem, ich kenne ja noch keinen hier), arbeiten und Geld verdienen, am Straßenrand Klamotten verkaufen, betteln, klauen…
Okay, klauen hab ich nicht ernsthaft erwogen. Aber Menschen, denen alle anderen Wege verstellt sind, haben das auf der Liste.
Meine Freunde und Familie haben angestrengt überlegt, wie mir zu helfen sei. Die rettende Idee hatte mein Sohn. Online Überweisung mit Western Union. Das ist mir nachts dann wirklich gelungen. Am nächsten Morgen ging ich zur ersten Bank, die ich mir in meinem selbstgezeichneten Stadtplan vermerkt hatte. Aber entgegen den Infos aus dem Internet (ja, die sind auch mal falsch oder veraltet) gab es dort keine Western Union. Auch der zweite Anlauf war umsonst. Ohne mobiles Internet stand ich nun völlig hilflos vor der Bank. Plötzlich spricht mich ein Ehepaar an, ob sie mir helfen könnten. Ich verstehe ihr Spanisch kaum und da kommt die Rettung, sie sprechen Englisch. Gehen mit mir in die falsche Bank, fragen, wo ich hin kann, übersetzen mir alles und bringen mich dann schließlich bis zum Eingang der richtigen Bank. Dort verabschieden wir uns und ich werde nach zwei Stunden Fußmarsch bei 32 Grad von einem bewaffneten  Sicherheitsmann freundlich eingelassen, stammle mein Anliegen Spanisch hervor, muss eine Nummer ziehen und setze mich in den Wartesaal. Am Schalter muss ich vier Formulare ausfüllen und unterschreiben, der junge Mann spricht kein Englisch und irgendwas ist unklar. Er geht weg und kommt wieder, er fragt Kollegen, ich muss meine Adresse in Deutschland, in Santa Cruz, meine Arbeitsstelle, meine Telefonnummer und sonstwas unter die Kopie meines Passes schreiben. Es dauert und mein Puls rast jetzt. Wenn das hier wieder schiefgeht, dann heule ich los. Schließlich übersetzt er mit Hilfe des Internets einen Satz ins Englische und schreibt ihn auf die Rückseite meines Notizzettels. „Wer hat das Geld aus Österreich geschickt?“ (siehe zweites Bild)
Oh man! Ich natürlich, da war einfach die Website falsch ausgewählt. Irgendwie konnte ich ihm das aber verständlich machen. Und dann gab´s endlich Knete!
Den Zettel hab ich mir zurückgeben lassen. Nicht, dass er noch den deutschen Spruch zum Übersetzen in den Computer getippt hätte. Arsch heißt übrigens culo. Tja, auf diese Weise hat meine Vokabelliste des Tages ein Wort mehr.
Meine Stimmung hellte sich auf und dieser dritte Tag sollte noch ein paar ganz großartige Überraschungen bringen. Aber das schreibe ich in der nächsten Story.

An dieser Stelle ein riesiges Dankeschön an alle, die mich mit Ideen und Zuspruch unterstützt haben!


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